Gewalt gegen Frauen bleibt ein ungelöstes Problem
Soroptimist International Switzerland führte kürzlich in Bern einen Anlass zum Thema «Gemeinsam gegen Gewalt» durch. Mit hochkarätig besetzten Vorträgen und einer spannenden Podiumsdiskussion wurde beleuchtet, wie die Istanbul-Konvention in der Schweiz umgesetzt wird. Es besteht noch viel Handlungsbedarf.
Von Bettina Baumanns
Mit der Unterzeichnung und Ratifizierung der Istanbul Konvention hat sich die Schweiz 2017 verpflichtet, gegen Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt vorzugehen. Soroptimist International Switzerland (SIS) organisierte am Samstag, 30. November 2024, gemeinsam mit dem Fachverband Gewaltberatung Schweiz (FVGS) und der Dachorganisation Frauenhäuser Schweiz und Liechtenstein (DAO) im Zentrum Paul Klee in Bern den Anlass «Gemeinsam gegen Gewalt». SIS-Präsidentin Catherine Schuppli erklärte zur Begrüssung: «Gleichberechtigung ist erst dann erreicht, wenn Frauen und Mädchen nicht zu Objekten der Bedürfnisbefriedigung gemacht und ihre Grenzen respektiert werden. Gleichberechtigung ist erst erreicht, wenn Männer ihr Verhalten unter Kontrolle haben.»
Gewalt hat viele Gesichter
Renata Trottmann Probst, gewählte Welt-Präsidentin der Soroptimistinnen ab 2026, rief in ihrem Vortrag in Erinnerung, dass Frauen weltweit diverse Formen von Gewalt erleben: psychische Gewalt, physische Gewalt und sexualisierte Gewalt. Anwältin Evin Durmaz hob in ihrem Referat die juristische Bedeutung der Istanbul-Konvention hervor. National wird die Istanbul-Konvention mithilfe eines Aktionsprogramms umgesetzt, sie ist Teil der «Gleichstellungsstrategie 2030» des Bundes.
Vielsagende Zahlen
Fast 20‘000 Delikte von häuslicher Gewalt wurden 2023 in der Schweiz angezeigt, dem gegenüber stehen 50‘000 Beratungen für Opfer und nur 3600 für gewaltausübende Personen. Die 23 Schweizer Frauenhäuser verfügen mit 438 Betten über zu wenige Plätze und die Finanzierung der Frauenhäuser ist nicht nachhaltig aufgegleist. Psychische Gewalt hat fast jede Frau erlebt, aber fast drei Viertel von ihnen auch physische Gewalt und mehr als ein Viertel sexualisierte Gewalt.
Engagement für Frauenrechte
Simonetta Sommaruga, die 2017 als Bundesrätin eine massgebliche Rolle bei der Ratifizierung der Istanbul-Konvention in der Schweiz gespielt hatte, betonte die zentrale Bedeutung von Frauenrechten für eine gerechte Gesellschaft. Sie rief in Erinnerung, dass Gewalt an Frauen kein Frauenthema sei, sondern auch Männer betreffe. «Es müsste die Männer eigentlich stören, dass so viel Gewalt von ihrem Geschlecht ausgeht», stellte sie fest.
Wege zu einer gewaltfreien Zukunft
Ein Podiumsgespräch zeigte auf, dass für eine gewaltfreie und gleichberechtigte Zukunft noch einiges zu tun ist. Isabel Käshammer, Psychologin und Leiterin der Opferberatung Zug, und Martine Lachat Clerc, Direktorin des Frauenhauses Freiburg und im Vorstand von DAO, diskutierten mit der Kriminologin und Juristin Claudia Christen-Schneider, sowie Christoph Gosteli, Gewalt- und Männerberater im Mannebüro Züri und Präsident des FVGS, über die aktuelle Situation.