Freitag, 25. November 2022

Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen

Liebe Soroptimistinnen

Am 8. Februar 2021 habe ich in meinem ersten Blog begeistert über das dreiteilige Unionsprojekt und die bereits gebildeten Arbeitsgruppen berichtet. Vier Tage vorher hatten wir Covid-19-bedingt den ersten Chat über die Bühne gebracht. Rund ein Jahr später, am 24. Februar 2022, brach der Krieg in der Ukraine aus. Das war der Anfang einer grossen soroptimistischen Hilfsaktion zugunsten der Ukrainerinnen.

Klima des Schreckens

Heute, am 25. November 2022, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, schreibe ich meinen letzten Blog als Unionspräsidentin. Ich sitze an meinem Schreibtisch in einem schönen Dorf im Burgund, zu meinen Füssen meine Hündin Olympe. Alles ist ruhig. Doch in meinem Kopf hallen die Explosionen von Raketen und anderen nutzlosen Bomben wider. Bomben, die auf ukrainische Städte abgeworfen werden. Bomben, die im besten Fall Terror und im schlimmsten Fall Tod verursachen. Als eifrige Leserin von Zeitungen und Nachrichtenmagazinen sehe ich die Gesichter älterer und auch jüngerer Frauen, die in diesen unseligen Konflikt verwickelt sind.

Bilder, die einem nicht mehr loslassen

Vor einigen Monaten sah ich in einer Zeitschrift ein nicht weniger beunruhigendes Bild von Afghaninnen. Auf dem Rücksitz eines Jeeps liegen Frauen, die wie Lumpenbündel aussehen, weil sie sich verstecken müssen. Gleich daneben ein paar Jungs, die sie beobachten …. Was soll man davon halten? Werden sie eines Tages fähig sein, diese Lumpenbündel zu respektieren? Laut neusten Nachrichten dürfen sich Frauen – selbst vollverschleiert – nicht mehr in Vergnügungsparks zeigen und auch nicht in Stadtparks spazieren gehen. Viele von ihnen wurden bereits öffentlich ausgepeitscht. Wie weit werden diese Demütigungen noch gehen?

Sinnloser Tod

Seit dem 16. September 2022 bin ich am Boden zerstört. An diesem Tag wurde die 22-jährige Studentin Mahsa Amini wegen einer Haarsträhne, die aus ihrem Kopftuch herausgerutscht war, zu Tode geprügelt. Vielleicht hat mich dieses Ereignis derart hart getroffen, weil ich in meiner Studienzeit in Deutschland mit zwei Iranerinnen zusammengelebt habe. Eine davon war sehr rebellisch, die andere eher religiös, doch beide waren sehr stark und unabhängig. Obwohl ich sie seit langem aus den Augen verloren habe, frage ich mich täglich, wie es ihnen wohl heute geht. In einem anderen meiner Nachrichtenmagazine habe ich das traurige Gesicht von Roya gesehen. Sie lebt zur Zeit im Exil in Frankreich. Am 20. September hat sie ihre Mutter Minou Majidi verloren. Ihre Mutter, eine ruhige Frau, beteiligte sich an den Protesten der jungen Iraner:innen. Ihrer Tochter sagte sie nichts davon, weil sie sie schützen wollte. Diese Frau ist tot, ihr Körper von Kugeln durchlöchert. Sechs Tage nach der Beerdigung ihrer Mutter rasiert sich Roya den Kopf. Dieser Protestakt geht viral, und Roya muss erneut fliehen.

Unsere Orange Days

Übergriffe und Erniedrigungen gibt es auch bei uns in der Schweiz und in Europa, oft in Form sexueller und häuslicher Gewalt. Seit Jahresbeginn wurden in der Schweiz 19 Frauen von ihren Partnern oder Ex-Partnern ermordet. Frankreich verzeichnet dieses Jahr 121 Feminizide. Soroptimist International macht an den Orange Days, d.h. vom 25. September bis am 10. Dezember, auf diese Gewalttaten aufmerksam. 2015 beteiligten sich die Genfer Soroptimistinnen zum ersten Mal an den Orange Days, einer von der UNO lancierten Inititative. Sie setzten sich mit orangen Kennzeichen auf die längste Holzbank der Welt an der Promenade de la Treille.

Wunderbare Solidarität

Was bleibt uns anderes übrig, als uns gegen diese Gewalt aufzulehnen und unsere Stimme zu erheben. Wir rufen zu einem friedlichen Miteinander auf und schliessen uns den Worten von SIE-Präsidentin Carolien Demey an. Sie unterstützt die SI-Deklaration zu diesem Thema (siehe Kasten). «Während sich die Proteste gegen den Tod der jungen Mahsa Amini im Iran fortsetzen, ist Soroptimist International zutiefst besorgt, dass diese abscheuliche Straftat nur ein Beispiel für die in zahlreichen Ländern der Welt verbreitete Unterdrückung der Rechte von Frauen und Mädchen ist». Das Motto von Soroptimist International Europa lautet: We Stand up for Women. Unser Kampf für Frauenrechte scheint heute notwendiger denn je zu sein.

Dennoch glaube ich nach wie vor an die Kraft der Freundschaft und der Solidarität. Auch mit Aktionen, die uns wie Wassertropfen im Meer erscheinen, können wir unsere Ziele voranbringen. Und zum Schluss fordere ich euch auf, im Alltäglichen immer wieder das Wunderbare zu sehen. Das hat heute ein alter Bauer in einem Radiointerview gesagt. Und ich kann ihm nur zustimmen.

Eure Bloggerin Brigitte Mantilleri
Unionspräsidentin SI Schweiz 2021-2022

 

Soroptimist International Statement: The Rights of Women and Girls
November 4 2022
As the protests across Iran continue in response to the death of the young woman, Mahsa Amini, Soroptimist International (SI) is deeply concerned that this is just one example of the human rights of women and girls being suppressed in many countries across the globe. SI rigorously opposes such violations of human rights and calls on the Iranian Government and all other Governments to cease state-controlled violence against unarmed women and girls immediately, and to comply with international laws  protecting the right to freedom of expression and elimination of gender discrimination.