SI Club Luzern und Luzern Saphir
Eindrückliches Podiumsgespräch „Zuhören – um Gewalt an Frauen zu verhindern“
Gewalt beginnt oft leise – und endet selten von selbst. An unserem Podiumsgespräch «Zuhören – um Gewalt an Frauen zu verhindern», das gemeinsam von vier Luzerner Frauenclubs im Rahmen der «Orange Days» organisiert wurde, zeigte sich: Hinschauen, Ansprechen und Einmischen können entscheidend sein. Gefordert sind alle: Behörden, Beratungsstellen und wir als Zivilgesellschaft.
Gewalt fängt oft subtil an, kaum sichtbar, bevor sie in eine Spirale aus Kontrolle, Einschüchterung, Abhängigkeiten, Drohungen in körperliche Übergriffe mündet. Viele Betroffene verharren lange in diesem Kreislauf: aus Hoffnung auf Veränderung, aufgrund von Versprechungen oder weil finanzielle und emotionale Bindungen keinen Ausweg zulassen. Scham und das Gefühl, «tief unten» zu sein, verstärken das Schweigen. Dies zeigte eindrücklich das Statement von Louise Hill, die 20 Jahre in einer gewaltgeprägten Ehe gelebt hat. Sie hat an unserem Podiumsgespräch im Rahmen der «16 Tage gegen Gewalt» teilgenommen, zusammen mit der Luzerner Regierungsrätin Ylfete Fanaj, Petra Siedler, Leiterin Bildungsstelle Häusliche Gewalt und Manfred Schneeberger, Leiter Zwüschehalt für gewaltbetroffene Männer. Kompetent moderiert wurde das Gespräch von Barbara Stöckli.
«Einmischen kann Leben verändern», so Louise Hill. Betroffene seien darauf angewiesen, dass ihr Umfeld hinschaut, sie anspricht – und auch Täter benennt. Zivilcourage bleibt ein zentraler Pfeiler, ebenso die Stimmen jener, die stellvertretend für Menschen sprechen, die sich selbst nicht (mehr) äussern können.
Sensibilisiertes Umfeld und wichtiger erster Notfallkontakt
Die beiden Fachpersonen Petra Sidler und Manfred Schneeberger schilderten, wie wichtig ein sensibilisiertes Umfeld ist: Polizei, Opferberatung, Gerichte, Lehrpersonen für Kinder aus einer gewalttätigen Umgebung, oder Präventionsstellen. Gerade der erste Kontakt im Notfall muss rasch, klar und vertrauensbildend erfolgen, ergänzte Ylfete Fanaj, die Luzerner Justiz- und Sicherheitsdirektorin. «Die Realität zeigt den Bedarf: Alle zwei Tage rückt die Polizei im Kanton Luzern wegen häuslicher Gewalt aus». Und: Gewalt endet nicht an Kantonsgrenzen – Zusammenarbeit, Datenaustausch und die Vernetzung kantonaler, kommunaler und nationaler Initiativen sind zentral.
Der Kanton Luzern verfügt über ein starkes Fundament in der Bekämpfung der häuslichen Gewalt und speziell Gewalt gegen Frauen. Mit dem 2024 verabschiedeten Aktions- und Massnahmenplan zur Prävention und Bekämpfung von häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt setzt er die Istanbul-Konvention umfassend um. Der wiederbelebte Runde Tisch mit rund 20 Fachpersonen aus Verwaltung, Opferschutz, Bildung, Gesundheit, Strafverfolgung und weiteren Bereichen dient als wichtiger Resonanzraum und bringt Expertise zusammen.
«Überleben nach dem Überleben»
Auch nach der akuten Gewaltphase bleibt vieles herausfordernd. «Überleben nach dem Überleben» bedeutet praktische Unterstützung: Zugang zu Wohnraum, finanzielle Absicherung, Kinderbetreuung, Arbeitsmöglichkeiten – echte Anschlusslösungen.
Am Ende des Abends stand ein klares Plädoyer: «Die Zivilgesellschaft muss dranbleiben, ihre Stimme erheben, politischen Druck erzeugen und Betroffene solidarisch unterstützen» appellierte Regierungsrätin Ylfete Fanaj an das Publikum. Zuhören, handeln, hinstehen – das bleibt ein gemeinsamer Auftrag. Gerade auch wir Frauenclubs sind aufgerufen, die Stimme zu erheben und uns zu engagieren. Mit vereinten Kräften erreichen wir mehr.
Das Podiumsgespräch wurde von den beiden Soroptimist Clubs Luzern und Luzern Saphir, dem Zonta Club Luzern und Inner Wheel Stadt Luzern organisiert. In der Peterskapelle in der Stadt Luzern fanden sich rund 120 Personen ein, von denen viele im Anschluss an den Anlass noch vertiefende Gespräche mit den vier Podiumsteilnehmenden führten.
Ein grosses Danke an alle, die zur gelungenen Veranstaltung im Rahmen der «16 Tage gegen Gewalt» und «Orange Days» beigetragen haben.
Regula Huber, SI Club Luzern Saphir
Links:
www.louisehill.ch «Teufelskreis – mein bitteres Leben mit dem Zuckerbäcker»
Bildungsstelle Häusliche Gewalt
Gewaltprävention und Bedrohungsmanagement – Kanton Luzern
Aktions- und Massnahmenplan häusliche und geschlechtsspezifische Gewalt | lu.ch